Luis auf Schanzen-Tournee: Ramsau
am 16.10.2013
In der vierten Folge unserer Kolumne "Luis auf Schanzen-Tournee" besichtigt Luis Holuch die Mattensprunganlage in Ramsau am Dachstein, u.a. Austragungsort der Nordischen Ski-WM 1998.
Luis auf Schanzen-Tourneevon Skisprungschanzen-Archiv-Autor und -Fotograf Luis Holuch |
Direkt anknüpfend an die letzte Episode von „Luis auf Schanzen-Tournee“ nimmt Luis Holuch uns diesmal mit an die Landesgrenze Salzburgs und der Steiermark: Er besucht die Mattenschanzen in Ramsau, direkt am Fuße des Dachsteingebirges. Wir wünschen viel Spaß beim Lesen dieser vierten Folge in Staffel zwei und freuen uns auf eure Kommentare!
Ramsau am Dachstein – Mattensprunganlage (K90, K30, K15)
Kurz bevor der kurze Schauer einsetzte, schafften wir es also zurück ins Auto und setzten unseren Tagesausflug fort. Die Vorzeichen für die Fahrt zum Dachstein sind somit nicht besonders berauschend. Aber es ist ja noch einmal eine ¾ Stunde Fahrt und somit lässt sich ja am Wetter vielleicht noch was drehen. Wir kehren zurück auf die A10 Richtung Villach, um den nächsten Zielort zu erreichen.
Nach gut 20 Minuten verlassen wir die Autobahn wieder und biegen Richtung Osten ab. Am Wetter hat sich nicht viel getan, es ist trüb und relativ ungemütlich. Wir fahren praktisch mit dem Schauer mit. Es sind noch gut 20 Kilometer bis Ramsau auf der Dachsteinstraße zu bewältigen. Wir passieren einige kleinere Orte mit Skistationen, die allerdings nur mir was sagen. Grund dafür ist das frühmorgendliche Wetter-Panorama auf 3sat und den Programmen des ORF, bei dem Webcams der Firma Feratel angezapft werden und Live-Bilder in die heimischen Wohnzimmer transportieren.
Die Straße hat eine minimale Steigung und somit befinden wir uns kurz vor der Ramsau schon auf über 1000 Metern Meereshöhe. Viel unberührte Landschaft mit ganz kleinen Schneisen (wohl Loipen im Winter) huscht an uns vorbei, es ist wirklich schön hier. Trotz des durchschnittlichen Wetters. Aber die Wolken lichten sich so langsam und die Sonne schafft sich Platz. Pünktlich zum Ortseingang müssen wir schon unsere Sonnenbrillen aufsetzen, um nicht zu sehr blinzeln zu müssen. Auf der Seite links der Straße steht eine Nebelbank, die uns Leider Gottes den Blick auf den mächtigen Dachstein verehrt. Wir können allenfalls den Beginn der Zufahrtsstraße zur Talstation mit Leuchttafel erkennen.
Auf der rechten Seite tauchen einige Geschäfte auf; viel ist nicht los. Und gleich hinter der Touristeninformation befindet sich das Langlaufstadion und ein kleines Stückchen links davon die WM-Schanze von 1999. Wir halten auf dem Parkplatz der Touri-Info und ziehen als allererstes unsere Jacken aus; für die ist es nämlich zu warm. Meine Mutter geht mit meinem Bruder gemeinsam in das Café am Stadion, während ich mich mit Papa (der nun endgültig Feuer gefangen hat), auf den Weg zur Schanze mache. Die beiden kleinen nehmen wir so auf dem Weg mit.
Sie sind nichts Außergewöhnliches und unterscheiden sich nicht von anderen kleinen Schanzen. Jedoch verwundert einen gleich der große Sprung zwischen einer Normal- und einer Kinderschanze vom Kaliber K30. Dies lässt die Vermutung zu, dass Athleten in der Zwischenzeit nach Bischofshofen fahren, um dort zu trainieren. Kein 12-jähriger springt am einen Tag noch auf einer K30 und am nächsten Tag auf einer K90. Von den beiden Kinderschanzen gelangen wir über einen kleinen Pfad – parallel zum Hang – zu den Treppen entlang der K90.
Bei dieser ist die Mattenbelegung interessant: je höher man steigt, desto schmaler wird der Teil des Hanges, der mit Matten belegt ist. Üblicherweise wird die Schanze viel zum Training genutzt. Auch von Athleten außerhalb Österreichs, insbesondere Damen-Teams. Seit Einführung des Damen-Weltcups hat Ramsau am Dachstein mindestens einen Wettkampf pro Saison. Aber heute ist Trainingspause; der Lift ist ausgeschaltet.
Die einzigen, die sich auf der Anlage tummeln sind neben meinem Vater und ich zwei kleine Burschen, die sich einen Spaß daraus machen, auf kleinen Plastikschalen die Mattenspur (parallel zur Keramikspur, wie in Hakuba) herunterzurutschen. Wir sind noch nicht ganz oben am Tisch angekommen, da rutschen die beiden uns entgegen. Ihre Mutter ruft sie zu sich und die Familie verlässt das Areal. Somit können Papa und ich uns austoben.
Was mir direkt ins Auge fällt ist der (für Normalschanzenverhältnisse) hohe Schanzentisch, der ziemlich flach ist. Nicht nur diese Komponente, sondern auch die Glasfaserbegrenzung des gesamten Anlaufs, erinnert ein wenig an die ehemalige Letalnica in Planica (die ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht besichtigt habe). Auf der Seite, an der wir den Schanzentisch hochgeklettert sind, können wir nicht weitergehen, daher balancieren wir auf der Schanzentischkante entlang zur anderen Seite. Dort sind kleine Metallstufen, die das Hochgehen sehr bequem machen.
Schon am Schanzentisch genießt man eine hervorragende Aussicht ins Dachsteintal, die nur dadurch getrübt ist, dass man den Gletscher nicht sehen kann. Eine dicke Nebelbank umhüllt das Massiv, auch die Talstation der Gletscherbahn ist fast nicht mehr zu erkennen. Die Sicht auf diesen mächtigen Berg wäre das Höchste der Gefühle (abseits der Schanze) gewesen, aber es hat nicht sollen sein. Etwas, das diese Anlage auszeichnet, ist das Logo der WM 1999, eine bunte Schneelocke/Eisblume – je nach Definition.
Sie ist nicht nur am Beginn der Landezone zu finden, sondern auch als Holzmodell neben dem Schanzentisch, auf den Beton gemalt und natürlich auch unten im Tal. Oben am Schanzenkopf meine ich aber sie nicht gesehen zu haben. Dies ist die erste richtige Normalschanze, die ich besichtige(n) kann und auch hier möchte ich das Feeling, wie es ist, auf dem Donnerbalken zu sitzen erleben. Die schöne Aussicht nimmt einige Hemmungen, auch scheint es nicht so steil hinunter zu gehen. An für sich fühle ich mich wohl. Aber wie überall steht die Erkenntnis: für eine Skispringerkarriere ist es mit (mittlerweile) 18 Jahren zu spät, sehr schade.
Ich genieße noch kurz das Panorama, das sich mir bietet und rutsche dann wieder vom Balken. Mein Vater wartet oben am höchsten Punkt an der Tür des Aufwärmraums und sagt: „komm mal hierher, hier ist es noch besser“. Und er hat Recht. Man überblickt jetzt sogar sämtliche Loipen und die kleine Skischule samt Lift direkt am Fuße des Dachsteins. Auch die Hotel- und Pensionlandschaft überblickt man sehr gut. Ramsau ist kein großer Ort mit einem Sub-Zentrum. Hier hat man seine Ruhe, auch im Winter. Die meisten Reisenden in dieser Gegend bevorzugen zum Skifahren die Vier-Berge-Schischaukel rund um die Planai in Schladming. Aber Ramsau ist das nordische Skizentrum, sehr beliebt bei Langläufern.
Außer den Skisprung-Damen sind die Nordischen Kombinierer jahrjährlich hier zu Gast und sorgen für etwas wie Event-Atmosphäre. Von dieser spüren wir bei unserem Besuch nicht allzu viel, aber der Urlaub dient ja zur Erholung. In den Aufwärmraum kommen wir nicht und somit gehen wir einen Forstweg bergab. Sehr gemächlich, auch wenn es recht steil ist. Etwa fünf Minuten brauchen wir ins Tal, wo wir zunächst unsere andere Familienhälfte vermissen. Wir gehen auf Verdacht Richtung Auto, als auf einmal meine Mutter von einer Terrasse winkt und uns den Weg weist.
So lassen wir diesen schönen Ausflug ins Salzburger Land mit einem Stück Torte ausklingen. Auch die Shopping-„Landschaft“ der Ramsau nehmen wir noch kurz unter die Lupe. Beim Sport2000-Willy kaufe ich mir eine Softshell-Jacke, die schon bald zum Einsatz kommen sollte – allerdings nicht beim Besichtigen von Skisprungschanzen.
Das war es für dieses Mal. Ihr dürft nun gespannt auf die zwei noch ausstehenden Folgen der zweiten Staffel warten. Ich hoffe, ich konnte euch die Skisprung-freie Zeit verkürzen.
Liebe Grüße
Luis Holuch
Schanzen:
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