Luis auf Schanzen-Tournee: Bischofshofen
am 15.08.2013
Unser Kolumnist Luis Holuch ist wieder auf seiner Schanzen-Tournee und besichtigt diesmal die Paul-Ausserleitner-Schanze in Bischofshofen, wo alljährlich am Dreikönigstag das Abschlussspringen der Vierschanzentournee statt findet.
Luis auf Schanzen-Tourneevon Skisprungschanzen-Archiv-Autor und -Fotograf Luis Holuch |
In der dritten Folge der zweiten Staffel „Luis auf Schanzen-Tournee“ zieht es unseren Kolumnisten in die Alpenrepublik Österreich, ins Bundesland Salzburg. Mit Bischofshofen besichtigt Luis Holuch nun also die letzte der 4 Schanzen, auf der die Springen der Vierschanzentournee ausgetragen werden.
Wir wünschen viel Spaß beim Lesen dieser Folge und sind – wie immer – für Feedback sehr empfänglich!
Bischofshofen: Sepp Bradl-Skistadion (K125, K65, K20)
Obwohl die Grenze zu Österreich nur drei Serpentinen für uns entfernt liegt, ist dies der erste Ausflug in unser Nachbarland in diesem Urlaub. Mit Erstaunen stellen wir fest, dass der Weg zur österreichischen A10 kürzer ist als zur deutschen A8 (im Grunde dieselbe Autobahn), auf der wir den Weg hierher gefunden haben. Über das Städtchen Hallein – gute 30 Kilometer von Salzburg entfernt – geht es auf diese Autobahn. Von hier aus sind es noch einmal etwa 40 Kilometer bis nach Bischofshofen, ein Knotenpunkt zweier Autobahnen in unterschiedlicher Himmelsrichtungen.
Zudem ist der Ort das Eingangstor der Dachsteinregion, die sich über die Bundesländer Salzburger Land und Steiermark erstreckt und auch für die Skiregion „Ski amadé“, die bekannte Skigebiete einschließt, wie den Katschberg, Planai-Hochwurzen (Austragungsort der Alpinen Ski-WM 2013), den Dachsteingletscher und die Flachau. Im Sommer ist die Region fast ein wenig ausgestorben, weil es nicht so viele Möglichkeiten zum Aktiv-Urlaub gibt wie im Winter. Gerade in Bischofshofen gibt es außer dem Skistadion nicht viel zu sehen, außer ein paar kleineren Museen, wie beispielsweise einem Weinmuseum.
Aber eben jene Anlage thront über diesem Ort, das ist schon von der Autobahn zu erkennen. Wir fahren an der Ortsausfahrt raus und versuchen grob die Richtung zu erwischen, in die es wohl geht. Ausgeschildert sind weder Schanze noch Skistadion bislang. An einer unauffälligen Gasse, die von der Ortsdurchfahrt abzweigt steht aber doch ein kleiner weiß-grüner Wegweiser in Richtung Schanze. Wir fahren diesem nach. Logischerweise geht’s erstmal ein wenig bergauf und dann in den Wald hinein. An einem brausenden Bach vorbei und über eine kleine Holzbrücke erreichen wir den Parkplatz.
Außer uns sind noch ein paar andere Besucher da, zwei Autos aus Deutschland und Österreich, drei mit kroatischem Kennzeichen. Das Wetter ist auch nicht unbedingt dafür geeignet, sich Schanzen anzusehen. Trüb ist es, in der Nacht zuvor hat es ein kleines Gewitter gegeben. Und besonders warm ist es auch nicht, man kann gerade so im T-Shirt rumlaufen.
Wie immer mit Kamera im Gepäck geht es los, zunächst zum Auslauf, um einen Überblick über das ganze Areal zu kriegen. Es ist - zugegebenermaßen – nicht so groß, wie es im Fernsehen scheint. Die Leute müssen sehr dicht gedrängt auf den Tribünen stehen und besonders komfortabel sind diese auch nicht. Außer dem Dreikönigsspringen und den COCs, die regelmäßig hier stattfinden, scheint die Paul-Außerleitner-Schanze keinen außergewöhnlichen Status zu besitzen. Das erkennt man auch daran, dass man das Areal kostenlos besichtigen kann, wie in Garmisch-Partenkirchen und anders als den Schattenberg in Oberstdorf und den Bergisel in Innsbruck.
Bis auf ein älteres Ehepaar, einer jungen Familie und einem Jogger tummeln sich anscheinend sonst keine Gäste im Sepp-Bradl-Skistadion. Wir entscheiden uns, den Auslauf einmal zu umrunden und dann den Pfad zwischen der Groß- und der Jugendschanze hinaufzugehen. An den unzähligen TV-Boxen vorbei geht es leicht bergauf auf die Tribünen hinauf. Dort taucht dann auch das Hauptgebäude auf.
Wir gehen den direkten Weg hoch zu jenem Pfad und passieren ein kleines Denkmal zu Ehren von Sepp Bradl. Der Mann hat es wirklich nicht leicht gehabt. Seine Karriere begann kurz vor dem 2. Weltkrieg. Zunächst für Österreich startend war Bradl ein Pionier des Skisprungsports. Für immer im Gedächtnis der Skisprungwelt wird Bradl wegen seines Sprungs am 26. März 1936 in Planica bleiben. Mit 101,5m war er der erste Mensch der Welt, der einen Sprung auf über 100 Metern zustande brachte. 1939 dann wurde „Buwi“ Weltmeister in Zakopane. Während des Krieges wurde seine Karriere unterbrochen. 1940 und 1941 wurde er Deutscher Meister, danach war lange Pause. 1953 schlug noch einmal seine große Stunde. Er gewann die allererste Auflage der Vierschanzentournee und bleibt auch deswegen immer in Erinnerung. Kurze Zeit später endete seine Karriere. Bradl starb am 2. März 1982 in Innsbruck.
Das Stadion trägt seit dem Umbau 1991 seinen Namen, die Schanze den Namen des 1952 gestorbenen Paul Außerleitner. Der Österreicher stürzte im Januar jenes Jahres schwer und erlag kurze Zeit später seinen Verletzungen. Zu seinen Ehren hängt eine Gedenktafel am Beton des Schanzentisches. Diesen haben wir nach Begehen des bereits erwähnten Pfades erreicht. Der Hang gleicht einer Flugschanze im kleineren Format. Seit ich Skispringen schaue wundere ich mich, dass mein Lieblingsflieger Robert Kranjec hier noch nicht gewonnen hat. Die Schanze ist ihm auf den Leib geschneidert. Das trifft auch auf den Anlauf zu.
Auf die Frage, warum er sich in Planica so wohlfühle antwortete der gelernte Frisör vor gar nicht allzu langer Zeit: „ich habe einfach mehr Zeit, mich auf den Absprung und die Flugphase vorzubereiten. Sonst ist es immer so stressig“. Das trifft allerdings auch auf die Schanze in Bischofshofen zu. Der Anlauf ist der längste im Weltcup (Ausnahme natürlich: die Flugschanzen) und auch der flachste, somit liegt ein Sieg von Robi eigentlich recht nahe…
Was aus der Ferne recht harmlos aussieht, ist in Wirklichkeit pure Macht: der Schanzentisch, der das Ende des Anlaufs darstellt. Ein großes blaues B und darunter ein Schriftzug „Bischofshofen“ sind von vorne zu sehen. Eine Parallele zum mächtigen Jury- und Fernsehturm, der sich noch hinter der Laideregg-Schanze befindet. Die lässt sich im Vorbeigehen recht gut besichtigen. Sie ist eine Metallkonstruktion mit Aluminium-Anlaufspur und Plastikmatten. Ähnlich wie die K20, die in direkter Nachbarschaft in den Wald gebaut wurde. Allerdings ist diese Kinderschanze fast natürlich – bis auf den Schanzentisch.
Der ist aber wirklich sehr human im Gegensatz zu dem Betonklotz, den wir einmal halb umrunden und dann die Stufen erklimmen, die direkt den Anlauf entlang führen. Sechseinhalb Meter in Treppenstufen können verdammt lange dauern. Aber die eigentliche Lauferei steht ja erst noch bevor. Der Weg hoch zieht sich ewig lange und ist auch glitschig, weil das Moos auf den Steinstufen feucht ist. Auf halber Höhe haben wir den Weg erreicht, den die Springer ab der Bergstation des Lifts auch nutzen, um nach oben zu kommen. 5 Minuten später sind wir auch endlich oben. Der Turm ist verriegelt, so springen wir über die Metallgitter, um zu den Startluken zu kommen.
Viel vom Stadion sieht man nicht. Nur das Ende des Auslaufs und die Kommentatorenkabinen sind zu erkennen, dahinter die Autobahn und das Salzburger Land. Schwindelerregend ist es allerdings nicht, weil die Nähe zum Boden gegeben ist. Von der hitzigen, aufgepeitschten Atmosphäre die man vom Dreikönigsspringen kennt, spürt man hier allerdings rein gar nichts. Ruhig „döst“ die Schanze vor sich hin und tut niemandem weh. Sie ist beeindruckend, aber für einen Schanzenkolumnisten nicht furchteinflößend.
Für mich ist es aber dennoch ein besonderer Besuch, weil ich mal in einem anderen Bundesland Österreichs bin, eine komplett andere Schanze gesehen habe und nun alle Schanzen der Vierschanzentournee besichtigt habe. Von den vieren hat mir die Große Schattenbergschanze in Oberstdorf am besten gefallen. Die Schanze hier in B-Hofen findet sich auf Platz 3 hinter dem Bergisel und vor der Olympiaschanze zu Partenkirchen wieder.
Nachdem die obligatorischen Fotos vom Schanzenkopf den Anlauf hinunter gemacht sind, geht es wieder nach unten. Wir gehen denselben Weg wieder zurück und richten unser Augenmerk nochmals auf den an für sich mächtigen Vorbau. Da der Tisch allerdings mit vier Metern verdammt hoch ist, scheint es keine große Kunst zu sein, hier rüber zu kommen – wenn es keinen Schneesturm gibt. Die Schanze wird neben der Tournee auch in COC-Kalendern geführt und ist somit nicht nur einmal im Einsatz im Winter.
Zum Training wird hauptsächlich die Laideregg-Schanze benutzt. Für die Senioren (ab 15/16) ist die Schanze in Ramsau interessanter und nützlicher, weil die Paul-Außerleitner-Schanze wirklich noch einmal eine Marke für sich ist. Ramsau ist ein gutes Stichwort: dorthin brechen wir auf, nachdem wir heile und recht fix wieder unten sind. Es fängt leicht an zu tröpfeln und so sehen wir zu, dass wir in unser Auto kommen.
Und ich sehe jetzt auch zu – und zwar, dass ich rasch mit der nächsten Folge Ramsau am Dachstein weitermache. Danke für eure Geduld und bis dahin.
Euer
Luis Holuch
Schanzen:
Bischofshofen (Sepp Bradl-Skistadion)Foto-Galerie:
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