Luis on Tour: Cortina d'Ampezzo
am 07.11.2012
Die letzte Ausgabe der ertsen Staffel unserer Kolmune "Luis on Tour" macht an der ehemaligen Olympiaschanze im italienischen Cortina d'Ampezzo Station.
Luis on Tour: Ein Schanzenfan auf Achse
von Skisprungschanzen-Archiv-Autor und -Fotograf Luis Holuch
Liebe Leser!
Dies ist eine besondere Folge meiner Kolumne „Luis on Tour”. Sie ist kein richtiger Reisebericht, sondern eher ein Kommentar und sie ist zugleich die Letzte der ersten Staffel. Dies ist die letzte Schanze, die ich im Jahr 2011 besichtigt habe. Mit den Schanzen des Jahres 2012 wird es natürlich in Zukunft weitergehen. Dazu mehr in einer bald folgenden Ankündigung. Nun wünsche ich Euch aber erst einmal viel Spass beim Lesen der letzten Folge!
Trampolino Olimpico Italia (K90, K55, K32, K20) in Cortina d'Ampezzo (Zuel)
Cortina d’Ampezzo ist europaweit bekannt. Vor allem für das Skigebiet und die Tofana. Nur die Wenigsten wissen, dass Cortina 1956 die Olympischen Winterspiele ausgerichtet haben, geschweige denn irgendeine Verbindung mit Skispringen hat. So ganz direkt ist das ja auch nicht so, denn schließlich liegt die alte Olympiaschanze im Vorort Zuel und nicht direkt in Cortina d’Ampezzo. Von Norden aus erreicht man die Schanze über die Allemagna, eine Straße, die Benito Mussolini hat bauen lassen und die ursprünglich die Diretissima von München nach Venedig werden sollte.
In der Fraktion Zuel di Sotto muss man links abbiegen und von dort aus entweder die zweite oder dritte Straße nach links nehmen. Nimmt man die erste der beiden Möglichkeiten, gelangt man zum Stadion und dem Auslauf. Die dritte Straße nach links ist eine kleine Privatstraße, mit der man auf einen großen Platz unterhalb des mächtigen Schanzenturms kommt. Der Schanzenturm alleine ist schon eine riesige Impression. Es muss eine riesige Leistung der Bozener Architekten gewesen sein, die diesen Turm im Jahre 1955 konstruierten und den alten Holzturm ersetzten. Heute hat der Turm sehr viel von seiner einst prächtigen weißen Farbe verloren und hat sich hin zum Grau gefärbt.
Er ist das Spiegelbild dieser tollen Anlage. Er ist komplett verbarrikadiert und man hat keine Möglichkeit auf ihn heraufzusteigen. Dieser Klotz von Beton steht in den Wäldern der ladinischen Orte und gammelt vor sich hin. Vor Kurzem hieß es sogar, man wolle den Turm abreißen und den Hang mit Leben füllen – allerdings nicht in Form von Skispringern, sondern – mit Wald.
Auch die Tribünen geben ein sehr erschreckendes Bild ab. Das Holz ist morsch und man traut sich gar nicht, die Plätze zu ersteigen, da man Angst hat, jederzeit einbrechen zu können. Es sieht aus, als wäre eine Bombe eingeschlagen. Deshalb fällt die Besichtigung auch recht bescheiden aus: Den Turm von unten und beiden Seiten haben wir betrachtet, sowie das Stadion von unten und den Auslauf, wo mittlerweile Fußballtore stehen. Und dazu noch die beiden kleinen Schanzen, die im Prinzip nur aus dem Schanzentisch bestehen, alles andere hat die Natur geregelt.
Für mich persönlich war es ein Bild des Schreckens. Die Olympiaschanze von 1956 und dazu noch die erste, auf der zum ersten Mal ein Weltcup-Springen stattfand und auf der sogar James Bond einen Sprung absolviert hat, verfällt und vergammelt irgendwo in Italien. Die Menschen in Cortina geben schon lange nichts mehr auf das Skispringen und somit auch nicht auf diese altehrwürdige Anlage. Sie fokussieren sich zu 100 Prozent auf ihren Nobel-Ski-Ort und vergessen die Olympiaschanzen.
In Italien fällt es generell auf, dass das Skispringen keine besonders große Beachtung findet. Klar ist das Ski Alpin beliebter, aber, ähnlich wie in Deutschland, hatte man doch ein Idol, einen Vorzeigespringer mit Roberto Cecon, aber es kam trotzdem kein Nachwuchs nach, der die Fahne Italiens im Skispringen weiter hochhalten würde. Die jetzigen Springer sind solide, aber eben auch nicht mehr. Mit Sicherheit wäre es lohnenswert ein weiteres Leistungszentrum in Italien zu haben. Vielleicht nicht in Cortina, weil die Verkehrsanbindung zugegebenermaßen nicht das Wahre ist, aber vielleicht noch eines in den Dolomiten oder woanders in Norditalien.
Meiner Meinung nach sollte man die Anlage Cortinas wieder auf den neuesten Stand bringen und dort Weltcupspringen ausrichten. Am Hang selber muss man ja nicht einmal etwas arbeiten, sondern am Turm und an den Tribünen. Theoretisch könnte man die Anlage sogar vergrößern, wenn man die kleinen Schanzen tatsächlich ganz ruhen lässt und den Turm vielleicht durch einen größeren Neuen ersetzt, um dort eine Großschanze zu haben.
Das wäre dieser Schanze angemessen und auch keinesfalls eine Utopie. Es gibt doch auch andere Orte, in denen es nur eine große Schanze gibt und die internationale Wettbewerbe ausrichten. Aber leider wird dieser Wunsch auch Wunsch bleiben, da man, wie gesagt, keine Initiative seitens eines Investors und auch des Italienischen Skiverbands erwarten kann.
Das war's also für dieses Mal und auch mit der ersten Staffel. Ich hoffe, Euch hat das Lesen trotz des etwas anderen Stils Spaß gemacht. An dieser Stelle möchte ich Danke an die Menschen sagen, die in den Kommentaren zur Schanze Cortinas ebenfalls ihren Unmut bezüglich des Zustands der Anlage geäußert haben. Durch Euch bin ich gewissermaßen auf die Idee gekommen, das Berichten diesmal etwas kürzer kommen zu lassen.
Ich wünsche Euch Alles Gute und hoffe, demnächst die ersten Teile der zweiten Staffel veröffentlichen zu können. Dazu wird es aber demnächst auch noch eine Ankündigung von mir geben, in der ich Euch über alles weitere informiere. Also bis demnächst.
Euer
Luis Holuch
Schanzen:
Cortina d'Ampezzo (Zuel)Werbung:
Kommentare:
Schöner Bericht, danke Luis
Mir blutet jedes Mal das Herz, wenn ich die Schanze von Cortina sehe. Ein wirkliches Monument der damaligen Zeit und es verfällt, verfällt, verfällt.
Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass der italienische Verband in die Schanze investiert. Wenn man sieht, wie viele Zuschauer in Italien zu Weltcups oder zur WM kommen, dann wäre das vermessen.
Aber selbst wenn - den Turm würde ich auf keinen Fall ersetzen, der macht viel von dem Flair der Schanze aus.
another
In dolomites another abandoned trampoline is on Passo Rolle (near San Martino di Castrozza). It is longer than 62 meters
Kommentar hinzufügen: