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Die Entwicklung des Sommerskispringens

am 30.10.2008

Von den Anfängen auf Kunstschnee und im Sommer ab 1905, über die Erfindung der Plastikmatten in der DDR zu den Mattenherstellern und der Entwicklung heute.

Die Anfänge auf Kunstschnee und im Sommer:

Die Geschichte des Schnee-Ersatzes, um auch im Sommer oder in schnee­armen Wintern Sprungläufe durchzuführen, ist über einhundert Jahre alt und dazu probierte man die unterschiedlichsten Beläge und Varianten. So ist bekannt, dass schon um 1905 im Zirkus Busch auf dessen Amerika-Tournee als Attraktion norwegische Skispringer auf einer mit Kokosmatten belegten Schanze im Zelt gesprungen sind. 1926 stellte der Engländer Ayscough ein Kunst­schnee­präparat her, auf dem man in London mit Erfolg Schneelaufversuche anstellte. Bereits im Frühjahr 1927 wurde daraufhin ein Kunstschneepalast in Berlin errichtet und Jugendspringer aus dem Erzgebirge sprangen auf der Schanze bis zu 14 Meter weit.

Der junge Norweger Birger Ruud sprang 1928 in Schildhorn an der Havel bei Berlin auf einer mit Tannennadeln belegten Schanze mitten im Sommer 22 Meter weit und in den 30er Jahren sprang die Berliner Skigruppe „Pallas“ im Berliner Eispalast auf einer sogenannten Liliput-Bürstenschanze. 1931 soll es ein Projekt in der französischen Fremdenlegion gegeben haben, wobei Sandskier in der Sahara getestet werden sollten, was aber nie realisiert wurde. Mitte der 30er Jahre gab es dann ein Showspringen in einer Halle des Warenmagazins „Wanamaker“ in New York, bei dem eine montierte Schanze mit einer glatten Schicht aus Borax ausprobiert wurde. In jenen Jahren gab es in den USA vielfältige Versuche mit Pulver, Gummi, Chips und sogar mit Mandelschalen, aber es war letztlich immer die Jagd nach einer Sensation, die im Vordergrund stand – der sportliche Wert lag meistens im Hintergrund.

1938 sprang man im Berliner Grunewald auf einer strohgedeckten Schanze vor großem Publikum auch schon über zwanzig Meter. 1947 wurden im öster­reichischen Badgastein auf einer Jugendschanze zwei Sommerspringen veranstaltet, wobei als Schneeersatz Gerberlohe und Schmierseife dienten. Später probierte man es in Oderwitz (Oberlausitz) wiederum mit aufgeschütteten Fichtennadeln, wobei zur besseren Gleitfähigkeit die Skier mit Petroleum eingepinselt wurden. Anfang der 50er Jahre gab es dann die Idee, auf Grund der fortgeschrittenen technischen Möglichkeiten eine Naturschanze zu vereisen, was aber aus Kostengründen scheiterte. Auf geraspelten oder mit Eismaschinen hergestellten Eisschnees war man ja schon in den 30er Jahren in amerika­ni­schen Stadien mit großer Beliebtheit gesprungen, was nach dem 2. Weltkrieg wieder kurzzeitig in große Mode kam (siehe Los Angeles, Salt Lake City, Portland, Racine).

Die Erfindung der Plastikmatten in der DDR:

Weltweit hatte sich aber mittlerweile die industrielle Herstellung von Plastik­werk­stoffen entwickelt und so probierten und experimentierten 1954 die Oberhofer Trainer mit PVC-Platten für das Langlauftraining, aber sie waren dafür zu glatt. Da hatte dann Hans Renner, der damalige DDR-Skisprung-Nationaltrainer, die Idee diese Kunststoffplatten zu Fäden zu schneiden und sie zu Matten zu bündeln. Diese wurden im Schanzenanlauf und auf dem Aufsprunghang überlappend auf ein Drahtnetz befestigt und durch die Federung der Matten, sowie der sehr guten Gleiteigenschaften nach Besprühen mit Wasser, war es ein genialer Schnee-Ersatz.

Die Mattenproduktion begann im thüringischen Friedrichroda im „Elastonwerk“ Fa. Saller & Co. und die ersten Versuche wurden unter Ausschluss der Öffentlichkeit auf einer Kleinschanze in einer Waldschneise unweit von Zella-Mehlis durchgeführt. Im November 1954 erfolgte dann die Weltpremiere zur Kreismeisterschaft in Oberhof auf der 40 m-Jugendschanze vor 15.000 Zuschauern! Nachdem die Oberhofer Thüringenschanze K82 den erfolgreichen Test bestanden hatte, ging am 26. September 1955 die Nachricht von der Unabhängigkeit des Skispringens vom Schnee um die Welt! Durch die patent­recht­liche Absicherung war es für den damaligen DDR-Außenhandel jahrelang ein großer devisenträchtiger Exportschlager. Die erste Mattenschanze der westlichen Welt wurde aber schon 1956 im Fichtelgebirge in Bischofsgrün eingeweiht – wo jede einzelne Kunststoff-Matte im wahrsten Sinne des Wortes von den Vereinsmitgliedern in aufwendiger Handarbeit herstellt wurde.

Auch in Übersee war man am probieren: 1960 benutzte der Amerikaner Harbik in Munising (Michigan) auf einer Kleinschanze afrikanische braune Naturborsten, welche mit einer öligen Wachstinktur eingesprüht waren. Für einen oder zwei Tage funktionierte das einigermaßen – aber es war eben kein dauerhafter Belag. Die englischen Versuche tonnenweise natürlichen Schnee per Schiff nach London oder aus den Bergen nach Manchester anzuliefern waren auf Dauer viel zu teuer. So wurden in den Jahren danach in anderen Ländern die Kunststoff-Mattenproduktionen forciert. 1968 belegte man in Frenstat die erste Schanze mit tschechischen DUROFOL-Matten. Diese tschechische Eigenproduktion resultierte aus der politischen Situation des „Prager Frühlings“, wo 1968 auch DDR-Militär mit in die Tschechische Republik einmarschierte und das außenpolitische Klima abgekühlt war. Ab 1972 gab es danach eine moderne tschechische Fertigung im kleinen mährischen Chropyne mit der der Ing. Srubar bekannt geworden ist. Zahlreiche Schanzen in über 12 Ländern wurden beliefert und die Produktion lief bis 2005. Die erste Mattenschanze in den USA entstand übrigens zur gleichen Zeit in Madison (Wisconsin), wo durch die Initiative des dortigen Clubtrainers Bill Bakke Kunststoffbürsten zu Mattenbelägen verarbeitet und montiert wurden.

Mattenhersteller und Entwicklung heute:

Nachdem die Patentrechte der DDR Mitte der 70er Jahre abgelaufen waren, begann auch in der Bundesrepublik die fabrikmäßige Mattenherstellung. Hier war es die Bürstenfabrik Fa. Braun & Wettberg im hessischen Beerfelden, die ebenfalls die Mattenproduktion aufnahm und bis 1995 Schanzen im In- und Ausland ausrüstete. Bis vor wenigen Jahren war nun die finnische Firma CEL-Lindgren (www.everslide.com) aus Porvoo weltweit dominierend bei der Herstellung und Lieferung von Kunststoffmatten. Mittlerweile hat sich auch der italienische Kunststoffverarbeiter S.I.T. (www.sitecn.com) nahe Bologna auf dem Markt etabliert. Beide Anbieter sind wohl hinsichtlich der Qualität führend und stellen damit momentan für die Vereine und Verbände die beste Alternative für Schanzenbeläge dar.

Seit dem Sommer 1994 wird jedes Jahr der FIS Grand Prix der Spezialspringer auf den Matten­schanzen der Welt ausgetragen. Diese Sommerwettbewerbe haben sich etabliert und werden sowohl von den Athleten wie auch den Fans in der schneefreien Zeit als willkommene Abwechslung gesehen. Heutzutage werden auch fast alle größeren Schanzen bei Neubauprojekten oder Umbaumaßnahmen mit den grünen Kunststoffmatten ausgerüstet, doch vor allem für die Nachwuchsspringer sind die kleinen Mattenschanzen essenziell, um ganzjähriges Training zu ermöglichen.

Parallel zu den Schanzenbelägen für das Sommerspringen haben sich auch in der Gestaltung der Anlaufspuren immer wieder neue Entwicklungen ergeben. Wurden zunächst auch im Anlauf Plastik­matten verlegt, gleiten die Springer heute je nach Schanzengröße und Budget bei Schanzenbau auf Keramik-, Glas- oder Edelstahl-Spuren zum Tisch.



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1)   Günther   schrieb am 20.09.2012 um 15:51:

Matten im Winter

Hallo,
das Skispringen auf Matten ist ja ziemlich weit entwickelt, was mich wundert, ist dass es bis heute keine Skilanglauf-Events auf Matten gibt!

LG, Gü



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