Ein entscheidender Schritt: Anlaufturm der Rothaus-Schanze wird modernisiert
am 03.09.2018
Die Geschichte des Sommerskispringens in Hinterzarten und folglich auch die des Adler-Skistadions ist eine lange. Sechs große Umbauten hat es seit dem Bau der ersten Schanze an dieser Stelle im Jahre 1924 gegeben. Im Jahr 2005 kamen drei weitere Schanzen hinzu, seitdem hat sich mit Ausnahme von kleineren Ausbesserungen nicht mehr viel getan. Nun machen die Nicht-Nutzbarkeit der Schanze im Winter und das Auslaufen des Schanzenzertifikats einen Umbau unumgänglich.
Bereits seit Anfang der 1980er-Jahre trifft sich in Hinterzarten die Weltelite des Skispringens zu Beginn des Skisprungsommers und springt auf der Rothaus-Schanze den Sommer-Grand-Prix aus. Doch auch im Winter wird besagte Schanze nicht nur für den Trainingsbetrieb genutzt, sondern es finden auch hochkarätige Wettkämpfe statt. 2010 war Hinterzarten Austragungsort der Junioren-Weltmeisterschaften; 2011, 2012, 2013 und 2017 der Damen-Weltcup.
Die letzten größeren Umbaumaßnahmen waren im Jahre 2005 der Bau der drei kleineren Schanzen und 2015 der Abriss des Sessellifts, welcher schließlich durch den "Wie-Lie", eine Standseilbahn, ersetzt wurde. An der Rothaus-Schanze selbst wurde längere Zeit nichts mehr gemacht. Bei den Athleten ist sie aufgrund ihrer eigenen Charakteristik teils beliebt, teils aber auch nicht. So sagt Gregor Schlierenzauer beispielsweise: "Ich finde die Schanze prinzipiell cool, weil sie eine Herausforderung ist. Man muss wirklich sehr gut springen, um hier weit unten zu landen. Oben im Anlauf ist sie ein wenig eckig und man sieht auch, dass länger nichts mehr an der Infrastruktur gemacht worden ist. Von daher käme eine Modernisierung gerade recht."
Im vergangenen Jahr wurde eine Modernisierung der Rothaus-Schanze erstmals Thema, als der Bundestrainer der deutschen Damen, Andreas Bauer, anregte, eine kombinierte Porzellanspur im Anlauf zu verlegen, um die Bedingungen für Training und Wettkämpfe zu verbessern. Nun, gut ein halbes Jahr später, ist der Umbau beschlossene Sache. Im Spätsommer 2019 soll es losgehen. Unser Redakteur Luis Holuch sprach im Rahmen des Sommer-Grand-Prix mit Klaus-Michael Tatsch, dem Bürgermeister der Gemeinde Hinterzarten, über die Maßnahmen.
Luis Holuch im Interview mit Klaus-Michael Tatsch, Bürgermeister der Gemeinde Hinterzarten:
Luis Holuch (LH): Erst einmal herzlichen Dank, Herr Tatsch, dass Sie sich die Zeit nehmen. Wie sehen denn genau die Pläne für den Umbau der Rothaus-Schanze hier im Adler-Skistadion zu Hinterzarten aus?
Klaus-Michael Tatsch: Sehr gerne! Das ist nicht so einfach zu erklären, aber grundsätzlich sprechen wir hier von einer Modernisierung, nicht von einem Neubau. Das Zertifikat unserer Schanze läuft zum 26. Oktober 2019 aus. Der Vorsitzende des Schanzen-Komitees der FIS, Dr. Hans-Martin Renn hat unsere Schanze untersucht und anhand dessen einen Maßnahmenplan erstellt. Wir passen also die Schanze an die heutigen Anforderungen an. Der Anlauf wird ein bisschen flacher und breiter werden. Zudem wollen wir den Komfort für die Sportler erhöhen. So sollen also auch die Damen ein eigenes WC bekommen und wir möchten einen beheizten Aufwärmraum im Turm installieren. Die Investitionen für diese Maßnahmen belaufen sich auf rund 2,2 Millionen Euro.
LH: Die Finanzierung ist ja Ihr Fachgebiet. Wie soll denn diese Summe gestemmt werden?
KMT: Unser Standort gehört ja zum Olympiastützpunkt Freiburg-Schwarzwald. Und für diese Olympiastützpunkte gibt es feste Finanzierungskonzepte und Förderungen. Der Bund zahlt 30 Prozent der Kosten und das Land Baden-Württemberg 40 Prozent. Macht also 70 Prozent. Die übrigen 30 Prozent bleiben bei der Gemeinde, somit beläuft sich diese Summe auf etwa 660.000 Euro. Das Geld müssen wir dann also auftreiben. Es gibt einen Gemeinderatsbeschluss, dass wir das tun. Das Sommerskispringen ist ein guter Anlass, sich um das Geld zu kümmern, schließlich sind diejenigen, die uns helfen können, hier vor Ort und es gab auch schon erste Gespräche. Wir kommen gut voran.
LH: Sind denn außerhalb dessen noch weitere Maßnahmen geplant?
KMT: Der Schanzenumbau ist der erste, entscheidende, Schritt. Damit werden die Trainings- und Wettkampfbedingungen optimiert. Danach werden wir dann auch im Bereich des Stadions nachbessern. Wir werden die Zufahrtswege, die momentan fast alle noch aus Schotter sind, asphaltieren und das Stadion einzäunen. Aus Sicherheitsgründen, aber auch, um durch die Touristen noch den ein oder anderen Euro zu verdienen.
LH: Das heißt, Sie möchten, wie beispielsweise in Oberstdorf, einen touristischen Betrieb etablieren?
KMT: So gesehen haben wir den schon, denn der Skiclub Hinterzarten, der das Stadion verwaltet, bietet, seit wir unser Wägele haben, Schanzenführungen an. Früher hatten wir ja auf der anderen Seite der Schanze einen Sessellift, den allerdings nur Sportler nutzen durften. Und jetzt gibt es also Tage des Skisports mit einer Schanzenbesichtigung und danach Führungen im Schwarzwälder Ski-Museum hier im Ort. Wir bringen den Touristen dort die Skigeschichte und -Geschichten des Schwarzwaldes näher. Dort gibt es jetzt auch einen Teil zu Carina Vogt und auch zu Fabian Rießle. So knüpfen wir da gute Verbindungen.
LH: Sie tun also reichlich, um den Standort Hinterzarten als Teil des Olympiastützpunktes weiter zu sichern und die Infrastruktur weiter zu verbessern.
KMT: Genau! Wichtig ist uns auch die Sicherheit der Arbeiter, die ja fast alle Ehrenamtler sind, vor allem im Winter, zu verbessern. Die Winter haben sich geändert. Wer den Klimawandel noch wegdiskutiert, hat es nicht miterlebt. Früher hat man die Schanze mit Schnee belegt und, wenn es denn sein musste, nochmal ausgebessert. Heutzutage muss ja wöchentlich oder täglich, wegen Neuschnee, Tauwetter, Regen und so weiter, drauf und alles wieder in Ordnung bringen. Nun ist der Anlauf nicht breit genug, dass es dort einen Laufsteg gibt und das macht die Sache enorm schwierig. Das ging sogar so weit, dass wir erkennen mussten, dass wir die Schanze so nicht voll nutzen können. Somit gibt es im Winter auf ihr keinen Sprungbetrieb. Und genau das wollen wir durch die Renovierung ändern.
LH: Sie hatten 2014 zum ersten Mal seit Ewigkeiten keinen Sommer-Grand-Prix hier in Hinterzarten. Wie hat sich das bemerkbar gemacht und welchen Stellenwert hat dieser Event für den Ort und die Gemeinde?
KMT: Dieses Wochenende richten wir den Grand-Prix zum 36. Mal aus und nur ein einziges Mal, wie Sie sagen, ist er ausgefallen. Der Stellenwert für Hinterzarten ist enorm. Für uns war ganz wichtig, dass die ARD die Wettkämpfe live überträgt, weil dann der Name und das Logo Hinterzartens, wie auch das des Tourismusverbandes Hochschwarzwald, ständig zu sehen sind und der Fernsehzuschauer sich daran erinnern und denken "Diese Orte kenne ich". Genauso beim Damen-Weltcup im Winter. Das war ja kitschig-romantisch: Hinterzarten im Flockenwirbel. Und im Jahr, wo eben kein Sommerskispringen war, hat sich das extrem bemerkbar gemacht bei den Hoteliers und Gastronomen; es blieben Buchungen aus.
LH: Dann drücke ich die Daumen, dass das so schnell nicht mehr vorkommt und auch, dass die Schanzenrenovierung gelingt. Ich danke Ihnen herzlich für das Gespräch!
KMT: Sehr gerne!
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